„Mit einer Frau spreche ich nicht über EDV!“
„Mit einer Frau spreche ich nicht über EDV“ sagte die männliche Stimme am anderen Ende der Telefonleitung und der Anrufer legte nach diesen Worten einfach auf.
So erging es mir an einem Abend vor über 20 Jahren, als ich in meiner Computerschule ein Telefongespräch annahm. Der Anrufer wollte damals einen meiner männlichen Dozenten sprechen. Als ich ihm sagte, dass mein Dozent gerade eine Schulung durchführe, ich aber seine Frage bestimmt auch beantworten könne, bekam ich diese Antwort serviert. „Mit einer Frau spreche ich nicht über EDV.“ Für mich eine schallende Ohrfeige.
Gut, zu der damaligen Zeit waren Frauen im Bereich IT/Computer eher eine Seltenheit. Aber ich war Inhaberin eines DTP-Studios mit 4 Mitarbeitern und einer angeschlossenen Computerschule mit 2 Dozenten. Tagsüber gestalteten wir mit Programmen wie PageMaker, Ventura Publisher und Corel Draw für unsere namhaften Kunden aus dem Stuttgarter Raum Bücher, Flyer, Kataloge und andere Drucksachen in mehreren Sprachen.
Abends wurde das Studio für Computerschulungen genutzt. Die ersten Microsoft®-Programme wie Word, Excel und PowerPoint standen neben PageMaker und Ventura Publisher auf unserem Unterrichtsplan.
Der renommierte Fachbuch-Verlag DATA BECKER hatte gerade mein erstes Buch über „Professionelle Textgestaltung mit WORD“ veröffentlicht, worauf ich sehr stolz war. Durch dieses Buch war ich als Fachfrau für WORD bekannt geworden. Meine Computerkurse boomten. Und dann das. „Mit einer Frau spreche ich nicht über EDV.“
Dieser Satz eines mir unbekannten Mannes hatte mich tief getroffen. Ich kochte vor Wut. Ich knallte die offene Schreibtischschublade neben mir mit so einer Wucht zu, dass das Wasser in meinem Glas auf dem Schreibtisch überschwappte. Und ich schwor mir, das passiert mir nicht noch einmal. Nur weil ich eine Frau bin, war ich offensichtlich für den Anrufer nicht kompetent genug, seine Frage zu beantworten. Eine Frage, die er mir nicht einmal stellen wollte.
Kurze Zeit später war es soweit. Mein nächstes Buch aus dem IT-Bereich sollte geschrieben werden. Und plötzlich hatte ich DIE Idee. Ich würde dieses Buch nicht unter meinem richtigen Namen schreiben, sondern unter einem Pseudonym – einem MÄNNLICHEN Pseudonym. Yes. Das war es. „Dir zeig ich’s“ dachte ich mir (damit war der Anrufer gemeint).
Seit diesem Moment schreibe ich auch unter männlichem Pseudonym Bücher. Insbesondere im IT-Bereich. Aber auch zum Thema Datenschutz.
Bei einem Gedanken muss ich heute hämisch grinsen: Der Anrufer von damals liest eines meiner Bücher und merkt nicht einmal, dass er sich gerade IT-Ratschläge von einer Frau geben lässt.
Unter meinem „richtigen“ Namen schreibe ich selbstverständlich auch. Allerdings habe ich unter meinen Pseudonymen mehr Bücher veröffentlicht. Denn ich schreibe aus Leidenschaft. Es geht mir in den Bereichen, in denen ich unter Pseudonym schreibe, nicht um einen Expertenstatus.
Wenn du allerdings mit dem Gedanken spielst, ein Expertenbuch zu schreiben, dann verwende unbedingt deinen richtigen Namen. Denn dieses Expertenbuch wird deine Expertise untermauern, dein Branding stärken, deine Sichtbarkeit steigern und es wird dir helfen, neue Kunden zu gewinnen. In diesem Fall wäre ein Pseudonym sicher wenig sinnvoll.